Rassebeschreibung Der einzige aus den USA stammende Retriever ist der Chesapeake-Bay-Retriever, kurz Chesapeake oder Chessie genannt, der zwar ebenfalls ursprünglich als Jagdhund zum Apportieren von Niederwild gezüchtet wurde, sich aber von den hier bekannteren Retrieverrassen nicht nur im Aussehen deutlich unterscheidet. Der Chesapeake bringt neben seinen exzellenten und ausgeprägten Jagdhundeeigenschaften z. B. etwas Schutz- und Wachinstinkt mit, er wird ausserdem oft als sehr selbständig und etwas eigensinnig bezeichnet, früher galt er gar als Ein-Mann-Hund. Seine rassetypischen Eigenschaften liegen in seiner Herkunft begründet, aber auch heute noch prädestinieren diese ihn zum idealen Jagdgebrauchshund für den Menschen, der bereit ist sich auf die Eigenarten dieser Rasse einzulassen. Chesapeakes sind wahre Workaholics, sie leben dafür, etwas lernen und arbeiten zu dürfen, alles andere ist zweitrangig. Geschichte Als 1807 ein Schiff an der Chesapeake Bay bei Maryland strandete, wurden von diesem zwei Welpen gerettet: ein rötlicher Rüde namens Sailor und eine schwarze Hündin namens Canton, beides waren St. John's Newfoundland Hunde. Wegen ihrer Wasserpassion wurden beide zu Entenapportierhunden ausgebildet, und sie gelten - obwohl sie nie miteinander verpaart wurden - als Ursprung der Chesapeake Bay Retriever. Es gibt viele Theorien über das Entstehen der Rasse, höchstwahrscheinlich wurde sie durch Kreuzen verschiedener anderer Rassen im Laufe der Zeit gezüchtet. Beteiligt waren, mag man den Überlieferungen glauben, Curly-Coated- und Flat-Coated-Retriever, Irish Water Spaniel, verschiedene Setterrassen, Coonhounds und Enten-Apportierhunde. Im Amerikanischen Kennel Club wurde der erste rassestandardgerechte Chesapeake 1878 registriert. Seither erfreut sich die Rasse steigender Beliebtheit bei Menschen, die ihre Arbeitsfreude, Wasserpassion und ihren selbstbewussten Charakter zu schätzen wissen. Eigenschaften Im Gegensatz zu Golden- und Labrador-Retrievern, die ja in England bei Gesellschaftsjagden geführt und ausschliesslich für die Apportierarbeit genutzt wurden, war der Chesapeake lange Zeit der Allroundhund für den einfachen Mann an der Chesapeake Bay. Als Jagdhelfer auf Enten und wehrhafte Gänse im Eiswasser und im unwegsamen Sumpfland der Chesapeake Bay war und ist der Chesapeake Bay Retriever in seinem Element, er wurde für seine Arbeitspassion, Wasserfreude, Ausdauer, Mut, Härte und seine Intelligenz, die er für die z.T. sehr selbständige Apportierarbeit einsetzt, bekannt. Seine grosse Wasserfreude trägt der Chesapeake auch heute noch in sich, und egal, ob er nun jagdlich geführt wird oder andere Beschäftigung erhält, sollte er Möglichkeiten zum ausgiebigen Schwimmen bekommen. Neben der Aufgabe als Jagdhund, vornehmlich auch für die Einzeljagd, sollte dieser Hund seinen Besitzer, dessen Familie, sein Haus und sein Eigentum bewachen und beschützen, so dass ein gewisser natürlicher Wach- und Schutzinstinkt in der Rasse manifestiert wurde. Seiner Familiegegenüber ist der Chesapeake sehr freundlich und gutmütig, agiert auch bereitwillig als geduldiger Spielgefährte und Kindermädchen für die Kinder, doch Fremden gegenüber ist er meist distanziert, situationsbedingt sogar misstrauisch, und er wird auch das Eigentum seiner Familie wie auch die Mitglieder seiner anvertrauten Familie schützen wollen. Verwendung Der Chesapeake war und ist in erster Linie ein Jagdhund, der unbedingt eine ihn physisch und psychisch auslastende Aufgabe braucht. Er dankt dies seinem Besitzer mit unermüdlicher Lern- und Arbeitsfreude. Am glücklichsten ist ein Hund dieser Rasse, wenn er gemäss seiner angezüchteten Eigenschaften als Jagdhund arbeiten darf, allerdings bieten sich dem Nichtjäger auch andere vergleichbare Einsatzgebiete an. Auf der Jagd lässt sich der deutlich wildscharfe und meist auch raubwildscharfe Chesapeake hervorragend für die Arbeit nach dem Schuss einsetzen, sei es nun zum Apportieren von Niederwild oder auf der Schweissfährte von z. B. Reh- oder Rotwild. Zum Stöbern und Buschieren wie z.T. auch zum Vorstehen lässt sich der intelligente Chesapeake ebenfalls ausbilden. Bekannt ist der Chesapeake u. a. für seine hervorragende Markierarbeit, d. h. er merkt sich bei der Jagd auf Federwild mehrere Fallstellen exakt, die er danach punktgenau und ausdauernd arbeitet. Seine Zielstrebigkeit, Ausdauer und Härte bei Gelände- und Witterungsgegebenheiten wie Eiswasser, Dornengestrüpp, Schneefall machen ihn zum passionierten Apportierhund, der auch in Extremfällen nicht aufgibt. Da der Chesapeake über Wild und oft auch Raubwildschärfe verfügt, ist er auch für die mitteleuropäischen Reviere sehr gut geeignet, er packt den beschossenen Fuchs wie auch das kranke Stück Rehwild am Ende der Schweissfährte und zieht es nieder. Dank ihrer zusätzlichen hervorragenden Nasenleistung werden inzwischen auch zahlreiche Chesapeakes hier auf Schweiss geführt und leisten dabei beste Arbeit. Der Nichtjäger kann einen Chesapeake mit alternativen Aufgaben beschäftigen: retrievertypische Apportierarbeit mit Dummies, Rettungshundearbeit oder auch Agility. Zu beachten ist dabei, daß regelmässig und mit ansteigendem Niveau trainiert werden muss - und das ein Chesapeake-Leben lang. Ein unausgelasteter Chesapeake, der evtl. nur lange Spaziergänge (die natürlich auch ein Muss für diese aktive Rasse sind!) bekommt, wird schnell zur "Nervensäge", denn dieser arbeitsfreudige, intelligente Hund benötigt unbedingt eine auslastende Aufgabe. Sonst sucht er sich selbst eine Beschäftigung, was seltenst die Zustimmung des Besitzers findet, z. B. beginnt er Eigentum und sein Revier übermässig zu schützen, entscheidet selbst, wer willkommen und wer unwillkommen ist, er bewacht laut bellend das Haus und Auto oder beginnt, Gegenstände stark zu verteidigen. Als Blindenführhund ist der Chesapeake wegen seines Schutz- und Wachinstinkts ungeeignet, da er seine zu betreuende Person verstärkt gegen andere schützen will. Schutzhundeausbildung ist wegen seines Lernwillens und seiner gleichzeitigen Eigenständigkeit ein Tabu, da der Chesapeake im Gegensatz zu den typischen Schutzhunderassen in diesem Bereich sonst zu selbstständig agieren wird. Ausbildungshinweise Bei jeglicher Ausbildung ist zu beachten, dass der Chesapeake intelligent ist, sehr konsequente Führung und Rangordnungszuweisung benötigt und große Arbeitsfreude hat. Für junge Chesapeakes ist warten lernen schwieriger, als eine Aufgabe Selbst zu lernen. Oft schon lernt der junge Chesapeake durch Beobachten anderer Hunde – sowohl erwünschtes als auch unerwünschtes Verhalten. Der Chesapeake fixiert sich gerne auf eine einzige Bezugsperson, so dass eine gleichzeitige Ausbildung durch mehrere Familienmitglieder nicht ratsam ist. Auch ist das Übergeben der Chesapeakes an einen anderen Hundeführer, sei es zur Jagd, zur Dummyprüfung oder auch zur Urlaubsbetreuung, nicht unbedingt komplikationslos möglich. Von Welpenalter an muss der Chesapeake klare Verhaltensregeln kennenlernen, die man als Hundebesitzer nicht mit Härte, aber mit unnachgiebiger Konsequenz durchsetzen muss. Der Chesapeake verfügt zwar in gewisser Weise über den so oft zitierten retrievertypischen "will to please", doch wird nur der Chesapeake-Besitzer in den Geschmack dessen kommen, wenn er sich als konsequenter und doch einfühlsamer Rudelführer durchsetzen kann – ein mehrmaliges Austesten durch den intelligenten und genau beobachtenden Chesapeake ist normal und sollte natürlich durch den Menschen unterbunden werden. Schutz- und Wachinstinkt wie auch das selbstständige Mitdenken und die Intelligenz dieser Rasse muss unbedingt bei der Ausbildung beachtet werden. Der Chesapeake ist oft etwas schwieriger zu erziehen und auszubilden als die hier bekannteren und leichtführigeren Retrieverrassen, er wird während der Ausbildung sehr stark mitdenken und eventuell eine gestellte Aufgabe anders lösen wollen, wenn ihm die Anweisung des Menschen nicht sinnvoll erscheint. Ein Chesapeake-Welpe muss rechtzeitig und positiv sozialisiert werden. Noch wichtiger als bei den von Natur aus sehr verträglichen und friedlichen Golden- und Labrador-Retrievern ist es, dass der Chesapeake von Anfang an lernt, Hunden anderer Rassen, anderen Tieren und Menschen freundlich oder zumindest gelassen zu begegnen. Zu dominantes Gehabe anderen Hunden gegenüber muss bereits im Junghundealter unterbunden werden. Als adulter Hund hat der Chesapeake oft wenig Interesse an anderen Hunden oder fremden Menschen. Aussehen, Typ Mit bis zu 66 cm Schulterhöhe bei Rüden und 61 cm bei Hündinnen und oft über 36 kg, bzw. 32 kg Gewicht zählt der Chesapeake zu den grösseren Retrieverrassen, er ist ein kräftiger, gut bemuskelter Hund. Da der Chesapeake lange Zeit als reiner Gebrauchshund gezüchtet wurde und auch heute noch sein Wesen und seine Arbeitsleistung im Vordergrund stehen, existieren viele verschiedene Typen, vom etwas labradorähnlichen kompakten Typ über einen grossen sportlichen Typ bis hin zu grossen sehr kräftigen Chesapeakes. Das Fell ist kurz, nirgends länger als 2,5 cm, mit sehr dichter Unterwolle, insgesamt wirkt es ein wenig ölig. Sein sehr typisches Fell ermöglicht dem Chesapeake das Schwimmen in kaltem Gewässer, so wie er auch früher schon oft stundenlang zahlreiche geschossene Enten aus dem Eiswasser der Chesapeake Bay apportierte. Vom Hals über den Rücken bis zur Rutenspitze ist das dichte Fell sehr charakteristisch gewellt, am Kopf, am Bauch und den Beinen ist es kurz und glatt. Die Farbe des Chesapeakes sollte seinem jeweiligen jagdlichen Einsatzgebiet angepasst sein, die Farbpalette ist die grösste bei den Retrievern. Angefangen bei der Farbe trockenen Grases (light deadgrass, dark deadgrass) über Hellrötlich (sedge) und Gräulich-Braun (tan) bis hin zu diversen Brauntönen (light brown, brown, dark brown) ist jede Farbe erlaubt. Einfarbigkeit ist vorgeschrieben, das Fell kann jedoch an unterschiedlichen Körperpartien verschiedene Nuancen einer Farbe aufweisen. Kleine weisse Abzeichen an bestimmten Körperstellen wie Brust, Pfoten sind erlaubt, ebenso eine leichte Dunkelfärbung auf dem Oberkopf (Maske). Die Iris der Augen ist bernsteinfarben oder hellbraun, sie soll der Fellfarbe angepasst sein. Viele Chesapeakes zeigen ungewöhnlich viel Mimik und haben eigene rassetypische Lautäußerungen. Am bekanntesten dürfte das "Grinsen" sein, das große Freude ausdrückt und sich in stark hochgezogenen Lefzen äußert, so dass alle Zähne zu sehen sind. Oft folgt danach ein lautes Brummen oder Gurren, das Besucher oft zusammenzucken lässt, aber genauso freudig gemeint ist und eine Menge Selbstbewusstsein ausdrückt. Verbreitung In den USA ist der Chesapeake weiter verbreitet als in Europa. Er wird in seinem Ursprungsland als Jagdgebrauchshund, Hund für Field Trials, Familienhund, Ausstellungshund und Therapiehund gehalten, wobei so gut wie alle Chesapeakes noch ihre typischen Jagdhundeanlagen ausgeprägt besitzen. In Deutschland werden momentan pro Jahr ca. 90 - 100 Welpen geboren. Ein grosser Teil der Chesapeake Bay Retriever in Deutschland wird jagdlich geführt oder mit retrievertypischer Dummyarbeit beschäftigt wird. Interessenten der Rasse sind herzlich eingeladen, bei einem der jährlichen Chessietreffen in Deutschland oder auch im umliegenden Ausland diese Rasse "live" kennen zu lernen. |
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copyright by Marja und Klaus Schaffer, MarMyyland's Chesapeake Bay Retriever |